Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung 2024-1 (Uelzen) |
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Tagesordnungspunkt: | #3 LMV Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 02.04.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 03.04.2024, 20:58 |
IA1: Gegen Rechts Konsequent - Wir sind die 99 Prozent!
Antragstext
35.000 Menschen in Osnabrück, 6.000 in Oldenburg oder rund 1000 bei einer
Kundgebung gegen Rechts in Uelzen. In den letzten Monaten gab es in ganz
Niedersachsen über 100 Demonstrationen gegen Rechts. Nach den Veröffentlichungen
des Recherchenetzwerks Correctiv über das Potsdamer Treffen von rechtsextremen
Akteur*innen, Politiker*innen der AfD und CDU sowie ihren Geldgeber*innen sind
vielerorts Menschen kollektiv laut geworden gegen rechte Kräfte. Es gibt Mut und
Hoffnung, die Straßen und Marktplätze Niedersachsens voller Menschen zu sehen,
die sich gegen die Pläne dieser Faschist*innen stellen. Allerdings sehen wir
auch, dass an vielen Orten auch Politiker*innen an diesen Protesten teilnehmen,
die den Aufwind der extremen Rechten und ihrer rassistischen Hetze durch ihre
Politik selbst ermöglichen. Zeitgleich verfehlen die Proteste es, dies zu
adressieren. Für uns als GRÜNE JUGEND Niedersachsen steht fest, dass es nicht
ausreicht, ein AfD-Verbot zu verhängen. Notwendig ist es, langfristige
Strategien gegen Rechts, von links zu organisieren!
Preissteigerungen im Supermarkt, die nächste Mieterhöhung oder zu hohe
Heizkosten: Während die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird, werden
viele Menschen in Niedersachsen in ihrem Alltag mit wachsenden Abstiegsängsten
konfrontiert. Besonders ins Gewicht fallen diese Teuerungen, weil auf der
Einnahmenseite für die arbeitende Klasse nichts hinzu kommt: Die Höhe des
Mindestlohns bleibt für mehr als 6 Millionen Beschäftigte weiterhin nicht
existenzsichernd und wird nur um wenige Cent erhöht, was durch die Inflation
einem faktischen Reallohnverlust entspricht. Eine grundlegende Reform des BAföG
oder eine echte Kindergrundsicherung für die mehr als 2 Millionen Kinder in
Armut fallen der neoliberalen Kürzungspolitik der Ampel zum Opfer. Während
Investitionen in den maroden Sozialstaat ausbleiben, wird eine Umverteilung von
unten nach oben befeuert.
Eine Investitionsoffensive ist längst überfällig, denn wir haben nichts davon,
wenn wir in einem kaputtgekürztem System aufwachsen!
Steine für die Brandmauer statt für die Festung
Europa
Während es die Parteienlandschaft versäumt, die über Ländergrenzen hinweg
verbreiteten sozialen Ungerechtigkeiten als zentralen politischen Konflikt
unserer Zeit zu politisieren, hat es die Rechte geschafft, Migration zentral in
den Mittelpunkt politischer Debatten zu positionieren und ihre rassistische,
völkisch-nationalistische Ideologie darin auszuweiten. Ob Krah für die AfD in
Deutschland, Le Pen in Frankreich oder Wilders in den Niederlanden: In ganz
Europa wird Migration zur Ursache der Krisen unserer Zeit erklärt. Während die
extreme Rechte vor wenigen Jahren europaweit noch den Austritt oder die
Abschaffung der EU forderte, geht es heute Schritt für Schritt um die politische
Eroberung der EU.
Ob in Regierungsverantwortung oder nicht, die extreme Rechte schafft es, den
Diskurs so zu prägen, dass wir schon heute massive Asylrechtsverschärfungen und
Abschottungsmaßnahmen erleben. Zäune, Pushbacks, Haftlager und eine immer
brutalere Abschreckung sind längst Konsens in Europa. Menschen auf der Flucht
suchen Schutz und Sicherheit, doch das wird ihnen nicht ansatzweise geboten. Der
anhaltende Ausbau der Festung Europa wird mit den in der GEAS-Reform
beschlossenen Haftlagern für Geflüchtete einschließlich Kindern und ihrer
Familien fortgesetzt. Diese hierarchisierte Ausgrenzung Geflüchteter von der
Gesellschaft bereitet den extremen Rechten so bereits inhaltlich den Weg und hat
unter anderem zur Folge, dass tief verankerte rassistische Realitäten verfestigt
werden.
Rassistische Migrationspolitik schafft keine
soziale Sicherheit
Die Ursachen für migrationsfeindliche Haltungen von Wähler*innen rechtsextremer
Parteien ähneln sich über Ländergrenzen hinweg. Gestiegene Preise für
Lebensmittel und Energie sowie die anhaltende Wohnungsknappheit legten soziale
Sicherheit als bestimmendes Thema für den niederländischen Wahlkampf nahe, bis
sich Liberale und Konservative darauf einließen, das Thema Migration in den
Mittelpunkt zu stellen. Die rechtsextreme PVV um Geert Wilders konnte
infolgedessen die Wahl gewinnen. In Frankreich verknüpfen Wähler*innen des
Rassemblement National um Marine Le Pen ihre migrationsfeindliche Haltung
insbesondere mit Sorgen um das Sozialversicherungssystem.
Vorhandene oder befürchtete Abstiegsängste, Kontrollverluste und Existenzsorgen
werden durch eine erzeugte Konkurrenz mit Geflüchteten europaweit gefüttert. Die
extreme Rechte nutzt diese Ängste um die soziale Sicherheit und spielt aus
politischem Kalkül heraus Gruppen gegeneinander aus. Unter der neoliberalen
Erzählung, die besagt, dass der Kuchen nicht für alle reiche, leiden dabei
marginalisierte Gruppen besonders oft: In Altersarmut lebende Rentner*innen
werden gegen die alleinerziehende Mutter in Teilzeit ausgespielt und
Bürgergeldempfänger*innen gegen Geflüchtete. Dabei zeigt die nahezu reibungslose
EU-weite Aufnahme von fast sechs Millionen Geflüchteten aus der Ukraine
innerhalb weniger Wochen, dass es ein politisches Kalkül ist, eine Abgrenzung
zwischen Innen und Außen aufzumachen. Migration wird so als Krise formuliert,
während die realen Krisen um die soziale Sicherheit weiter verschärft werden.
Eine Politik, die den Rechten den Nährboden entzieht, darf nicht an der
Oberfläche kratzen, sondern muss an die grundlegenden Macht- und die
Vermögensverhältnisse ran: Es wäre nur gerecht, diejenigen zur Kasse zu bitten,
die in den letzten Jahren Übergewinne gemacht haben, Millionen mit
Mieterhöhungen verdient haben und deren Millionenvermögen selbst in der Krise
von alleine weiter gewachsen sind. Gegen Rechts brauchen wir eine echte
Umverteilung von oben nach unten!
Vom Wohlfahrtsstaat zum nationalen
Wettbewerbsstaat
Statt der immer größer werdenden Spaltung entgegenzuwirken, findet seit
Jahrzehnten kontinuierlich ein neoliberaler Umbau des Sozialstaates statt,
welcher vor allem ein Ziel verfolgt: Die maximale Steigerung von Profiten. Das
große Ziel war und ist es auch heute, Deutschland als einen Wirtschaftsstandort
zu etablieren, welcher international sowohl innerhalb, als auch außerhalb der
Europäischen Union eine führende Rolle einnimmt. Der Ausbau des
Niedriglohnsektors im Zuge der Agenda 2010 ist als zentrales Beispiel
hervorzuheben, bei dem soziale Bestrebungen konsequent ökonomischen
untergeordnet wurden. Reformen wie diese führten zu einem enormen
Vertrauensverlust, der den Nährboden für eine gesellschaftliche Spaltung
bereitete.
Aber nicht nur der Abbau des Sozialstaates führt zu großen Unsicherheiten und
Zukunftsängsten, sondern auch die fortlaufende Privatisierung der öffentlichen
Daseinsversorgung. Wenn mit unserem Grundbedürfnis Wohnen vor allem Profite
erzielt werden sollen, kommt es zu einem Rückbau von Sozialwohnungen, zur
Expansion von hohen Mieten und zum Fluss der Gewinne in die Taschen einiger
Weniger. Wenn durch die schlechten Arbeitsbedingungen wichtiges Pflegepersonal
nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen kann, werden die Profite Einzelner über die
Gesundheit der Vielen und über das Wohl der Beschäftigten im Gesundheitssektor
gestellt. Wenn immer mehr Kitaplätze wegfallen, weil soziale Berufe
unterfinanziert und Erzieher*innen ausgebeutet werden, dann liegt das in diesem
System daran, dass diese Arbeit nach der kapitalistischen Logik keine großen
Profite abwirft. Bei all dem kommt schnell das Gefühl auf, dass nicht genug für
alle da sei.
Es ist genug für alle da – holen wir es uns
zurück!
Die aggressive Privatisierung verbunden mit der systematischen Umverteilung von
unten nach oben führt zu einer ungerechten Verteilung von Wohlstand und zur
Spaltung der 99 Prozent.
Wir erleben in vielen politischen Entscheidungen, dass diese weniger das Ziel
haben, die Lebensrealität der Vielen zu verbessern. Vielmehr sorgen politische
Entscheidungen dafür, dass der Wohlstand der Wenigen nicht nur gesichert,
sondern sogar weiter ausgebaut wird - Und das auf dem Rücken unserer Eltern,
Freund*innen und uns selbst. Zusätzlich befeuert die neoliberale Erzählung der
Konkurrenz immer weiter diese Spaltung und genau dem müssen wir entgegenwirken.
Es braucht eine solidarische Praxis vor Ort, die Menschen wieder Hoffnung gibt.
Die Menschen ermächtigt und sie für sich selbst einstehen lässt. Das Erleben von
Solidarität vor Ort sorgt dafür, dass Menschen sich nicht länger allein fühlen,
sich selbst für ihre Verhältnisse verantwortlich machen oder die Schuld von
erlebter Ungerechtigkeit weiterhin in Minderheiten suchen. Das Erleben von
Solidarität vor Ort sorgt dafür, dass echte Veränderung wieder greifbar wird.
Dafür müssen wir Kämpfe vor Ort erkennen und uns mit diesen solidarisieren, um
konkret etwas an der Lebensrealität der Menschen verändern zu können. Seien es
viel zu hohe Mieten, sei es der Bus, der uns nicht abholt oder ein Musikverbot
im Stadtpark. Das sind Kämpfe, die wir unterstützen sollten, um linke Antworten
wieder erlebbar zu machen.
Um eine wirkliche Veränderung der Lebensrealität der 99 Prozent zu realisieren,
fordern wir als GRÜNE JUGEND Niedersachen:
Keine weiteren Asylrechtsverschärfungen!
Die extreme Rechte wird nicht geschwächt, indem man ihre Forderungen übernimmt.
Der kommunale Investitionsstau bestand auch schon vor den aktuellen
Fluchtbewegungen. Eine Überlastung der Kommunen durch Geflüchtete zu begründen,
verkennt die tatsächlichen Ursachen. Niedersachsen muss sich aktiv für sichere
Fluchtwege und eine Ausfinanzierung der Kommunen einsetzen. Wir fordern, dass
Niedersachsen keine weiteren Asylrechtsverschärfungen mitträgt und sich aktiv
für humane Migrationspolitik stark macht!
Aus der vollen Tasche in die leere Kasse - Tax the Rich!
Investitionen in KiTa-Plätze, Schulen, Wohnungen oder Unterkünfte für
Schutzbedürftige sind Investitionen in die Zukunft. Gelder, die bis jetzt nur
einige Extremreiche besitzen, müssen umverteilt werden. Wir fordern deshalb eine
Millionärssteuer, die den 99 Prozent zugutekommt!
Öffentliche Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand!
Wir stellen uns gegen eine systematische Privatisierung unserer
Grundbedürfnisse. Energieversorgung, Wohnen und Gesundheitsversorgung sollten
keinen Profitlogiken folgen! Dazu fordern wir einen schrittweisen Rückerwerb
aller privaten Konzerne, die mit unseren Grundbedürfnissen wirtschaften, durch
die Kommunen.
Let’s get organized!
Mit unserer Kampagne zur Europawahl werden wir mit vielen Menschen ins Gespräch
kommen, denn wir wollen mehr werden. Dafür wollen wir Menschen aus ihrer
Ohnmacht und Frustration befreien und ihnen zeigen, dass ein besseres Morgen für
uns alle möglich ist!
Begründung
erfolgt mündlich
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