Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung 2025-1 (Uelzen) |
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Tagesordnungspunkt: | #10 Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | KV Oldenburg Land (dort beschlossen am: 17.04.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 22.04.2025, 22:14 |
V4: Feministische Praxis im gesellschaftlichen Leben – Schützenvereine und Schützenfeste als Wirkungsort gegen das Patriarchat
Antragstext
Feministische Praxis im gesellschaftlichen Leben – Schützenvereine und
Schützenfeste als Wirkungsort gegen das Patriarchat
Patriarchale Rollenbilder und Machtverhältnisse werden durch Traditionen geprägt
und aufrechterhalten. Eine dieser Traditionen sind (Kinder-) Schützenfeste, die
in vielen Städten und Dörfern in Niedersachsen jährlich einen Höhepunkt des
gemeinschaftlichen Lebens einnehmen. Als linker Jugendverband ist es unsere
Verantwortung eine feministische Praxis im gesellschaftlichen Leben
voranzutreiben, somit müssen wir uns der sexistischen Struktur vieler
Schützenvereine annehmen.
Wir fordern den Landesverband auf:
Sich im Austausch mit einzelnen Kreisverbänden mit der Struktur jeweiliger
Schützenvereine bekannt zu machen.
Die Bewusstseinsentwicklung, für die herrschenden Strukturen und wie
patriarchalen Machtverhältnisse in ihnen praktiziert werden, steht an erster
Stelle. Eine gemeinsame Analyse, wo die Probleme für Flinta im Vereinswesen
liegen, und was getan werden muss, um die Verhältnisse zu verbessern legt den
Grundstein für eine diesbezüglich feministische Praxis vor Ort.
Kreisverbände in Aktionen gegen die patriarchalen Strukturen vieler
Schützenvereine bedarfsorientiert mit Ressourcen zu unterstützen.
Viele Aktionen gegen die patriarchalen Praktiken von Schützenvereinen brauchen
mehr Ressourcen, als einzelne Kreisverbände stämmen können. Diese Unterstützung
sollte bedarfsorientiert geschehen.
Mögliche Unterstützungsformen sind:
- finanziell (z.B Materialkosten)
- Presse- und Social Media Arbeit
- (Fort-)Bildungsmaterial
- etc.
Den Austausch zu diesem Thema kreisverbandsübergreifend zu fördern und so
größere Aktionen gegen die sexistischen Strukturen zu ermöglichen.
Um in diesen festgefahrenen Strukturen auf Missstände aufmerksam zu machen,
braucht es größere Aktionen, die einzelne Kreisverbände häufig nicht allein
durchführen können. Deswegen sollte der Landesverband einen Austausch zum Thema
auch kreisverbandsübergreifend fördern.
Das Thema Schützenvereine und Diskriminierungserfahrungen intersektional zu
betrachten und zu bearbeiten.
Wie in vielen patriarchalen Strukturen finden in Schützenvereinen
Mehrfachdiskriminierungen statt. Ein Fokus muss also sein, neben sexistischen
Strukturen, auch Queerfeindlichkeit, Rassismus, Ableismus und weitere
Diskriminierungsformen anzugehen.
Begründung
Begründung am Beispiel der Wildeshauser Schützengilde:
In Wildeshausen werden Frauen seit Beginn grundsätzlich von dem Schützen-/Gildeverein ausgeschlossen. Als Grüne Jugend Oldenburg Land wollen wir das nicht weiter hinnehmen.
Es ist Frauen verboten der Gilde als Mitglied beizutreten und damit einhergehend bei den offiziellen Aktionen, wie bei dem Marsch am Hauptfesttag und dem anschließenden Schießen auf den Papagoien teilzunehmen. Damit hält die Gilde an ihrem äußerst veralteten Weltbild fest, welches geprägt ist, von mangelndem Respekt vor Frauen und alten Rollenbildern. Auf dem Wildeshauser Gildefest dürfen die Frauen die Männer bedienen oder als Außenstehende am Fest teilnehmen. Frauen übernehmen also zentrale Rollen, die für die Durchführung der Veranstaltung notwendig sind, bekommen dafür aber keinen Respekt und keinen Platz am Tisch. Diese Situation wird von dem Gilde-/bzw. Schützenverein und dessen Mitgliedern nicht als reales Problem anerkannt und ernst genommen. Sie zeigt sich verschlossen und abweisend auf Kritik und Vorschläge zur Veränderung. Durch die Vereinsstruktur ist es von außen nicht möglichen, sie zum Öffnen ihres Vereins für andere Geschlechter zu zwingen. Jedoch sehen wir es als unsere Pflicht den öffentlichen Druck zu erhöhen und zeitgleich das gesellschaftliche Bewusstsein für diese Ungerechtigkeit zu sensibilisieren.
Die Abwertung der Frau macht in Wildeshausen auch nicht vor Kindern halt. Aufgrund der frühen Ausgrenzung junger Mädchen vom Kinderschützenfest und somit ihren Ausschluss aus der städtischen Gemeinschaft, lernen diese früh ihren Platz im Patriarchat. Sie sehen sich fortan nicht als eigenständige starke Persönlichkeiten, die sie doch sind, sondern bloß als Beiwerk zu ihren angeblich stärkeren Altersgenossen. Sie erfüllen Schönheitsaufgaben, treten auf im weißen Kleid, putzen die Kette des Königs und wirken eher wie Dekoration.
Doch nicht nur das Rollen- und Weltbild der Mädchen, sondern auch das der Jungs wird maßgeblich durch soziale Events wie Schützenfeste geprägt. Durch die klare Rollenverteilung entsteht das Risiko, dass sie sich Mädchen gegenüber überlegen fühlen, was den generellen alltäglichen Sexismus unserer Gesellschaft stärkt. Gerade bei den Kindern muss Sorge dafür getragen werden, dass Mädchen und Jungen sich als ebenbürtig begegnen sowie toxische Männlichkeit bekämpft wird. Ist dies nicht der Fall - werden die bestehenden Traditionen nicht aufgebrochen - dann werden solche Volksfeste zum Nährboden für Sexismus auch in kommenden Generationen.
Bereits jetzt ist eine große Ablehnung gegen Gleichberechtigungs-Bewegungen unter Jugendlichen und jungen Männern zu erleben. Mit entschlossenem Handeln und Druck von außen muss es möglich sein, solchen Entwicklungen entgegenzutreten und für eine bessere Zukunft und Gesellschaft zu sorgen. Gerade wir als Grüne Jugend, als feministische Organisation, dürfen deshalb nicht die Augen verschließen vor den Ungerechtigkeiten, die in den Schützenvereinen unseres Landes stattfinden.
Die Wildeshauser Schützengilde hält zusätzlich ein gewaltiges Machtkonstrukt inne. Es erschließt sich von der Einflussnahme lokalpolitischer Entscheidungen und Debatten, über ein gefestigtes Netzwerk aus männlichen Mitgliedern jeden Alters und einer damit einhergehenden Macht in den jeweiligen Haushalten und sozialen Kreisen, bis hin zur Ächtungsmacht der Wildeshauser Gesellschaft, welche sich dann durch den Ausschluss einzelner von Vereinsaktionen bzw. Sozialen Kreisen zeigen kann. Dadurch entsteht die ernsthafte Gefahr der öffentlichen Anfeindungen durch traditionalistische Gildemitglieder, welche bei einer Aktion im feministischen und inklusiven Rahmen zu erwarten ist. Es bleibt zu erwähnen, dass aufgrund der tiefen Verwurzlung ebendieser Tradition einhergehend mit großer Trunkenheit der Bevölkerung zu Zeiten des Gilde-/Schützenfestes weitgehende verbale bis physische Attacken nicht auszuschließen sind.
Als Grüne Jugend Oldenburg Land und Antragsstellende sehen wir es als unsere Aufgabe, eine feministische Praxis im Umgang mit den sexistischen Praktiken unserer Schützenvereine zu finden. Dies können wir jedoch nicht allein stämmen und wünschen uns die Unterstützung durch den Landesverband.
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