| Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung 10/2018 | 
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 9. V-Anträge | 
| Antragsteller*in: | Bela Mittelstädt, Anna Kraeft, Mariel Reichard | 
| Status: | Eingereicht | 
| Eingereicht: | 09.10.2018, 19:30 | 
V6: Nein zur neuen Influencer-Polizei - Scharfe und transparente Richtlinien schaffen
Zusammenfassung
Die Polizei setzt immer mehr Social-Media ein. Dabei wird auch oft Falsches verbreitet. Medien vertrauen oft der Polizei. So kommen falsche Nachrichten über Kriminalität in die Öffentlichkeit. Es gibt bisher kaum Regeln für die Polizei im Internet. Das ist ein Problem. Es gefährdet Grundrechte.
Die GJ fordert deshalb: Regeln für ganz Deutschland oder Niedersachsen. Jeder muss diese Regeln lesen können. Gesetze müssen auch auf Social-Media umgesetzt werden.
Antragstext
Social-Media kann heute ein gutes Mittel für den Staat sein, Bürger*innen zu 
erreichen und Transparenz in seinem Handeln herzustellen. Ein Tweet kann bei 
Vermisstenanzeigen, Zeugenaufrufen und in Ausnahmesituationen auch für Polizei 
und anderen Sicherheitsbehörden sinnvoll sein.
Nichtsdestotrotz kam es in den letzten Jahren vermehrt zu problematischen und 
oft falschen Äußerungen auf Social-Media-Kanälen der Polizei. Etwa wenn 
Beamt*innen direkt am Konflikt beteiligt waren, wie während Demonstrationen. 
Dies kann sich auch auf Grundrechte wie Versammlungsfreiheit negativ auswirken, 
wenn zum Beispiel Falschmeldungen über Demonstrationsgeschehen verbreitet wird. 
So twitterte die Polizei Oberbayern-Süd während der Gegendemonstration zum G7-
Gipfel in Garmisch-Partenkirchen als Erklärung zum Einsatz von Pfefferspray und 
Schlagstöcken: "Polizisten mit Fahnenstange angegriffen und mit benzingefüllter 
Flasche beworfen. Deshalb Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz."
Einige Stunden später und nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Inhalt der 
Flaschen nicht brennbar war, folgte erst die Richtigstellung - die Nachricht war 
da aber bereits in der Welt. Die Glaubwürdigkeit von Polizeibehörden in der 
öffentlichen Wahrnehmung ist immens.
Meldungen über unter Strom stehende Türknäufe in linken Zentren und über die 
Nationalität von vermeintlichen Straftäter*innen werden häufig unhinterfragt von 
Journalist*innen übernommen. Damit lässt sich die öffentliche Debatte über 
Sicherheit und über Polizeiarbeit maßgeblich mitbestimmen.
Zudem ist das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gefährdet, wenn 
Demonstrierende von staatlicher Seite dämonisiert und falsch dargestellt werden. 
Das schreckt ab und verhindert die Teilnahme von Menschen, die sich von dieser 
Darstellung leiten lassen. In anderen Fällen wurde berichtet, dass Kritik 
gegenüber Polizist*innen zu Zensur und der Blockade einzelner Nutzer*innen 
führte. Dies alles zeigt auch: Die Polizei ist ein politischer Akteur und setzt 
Social-Media auch im Sinne ihrer Politik ein.
Social-Media Arbeit bei Polizeieinsätzen geschieht häufig unter hohem Zeitdruck 
und öffnet Tür und Tor für Spekulationen, falsche Verdächtigungen, 
Diskriminierung und der Willkür von einzelnen Beamt*innen. Datenschutz, 
Sachlichkeit und Sorgfalt bleiben dabei auf der Strecke.
Landesweite oder bundesweite transparente Richtlinien oder Urteile, die eine 
Grundlage für das Social-Media Verhalten der Polizei sind, gibt es bisher nicht. 
Jede Polizeidirektion kocht bisher ihr eigenes Süppchen oder hat gar überhaupt 
kein Konzept.
Die Grüne Jugend Niedersachsen fordert daher:
- Landes- oder bundesweite Richtlinien, in denen festgelegt ist, was die 
 Polizei darf, ab wann sie Grenzen überschreitet und was der Zweck
 polizeilicher Social-Media-Arbeit ist. Die Richtlinien können eine
 Grundlage für den Anfang einer notwendigen gesellschaftlichen Debatte
 sein, gleichzeitig, aber auch Diskriminierung sowie Falschmeldungen und
 ihren Konsequenzen vorbeugen. Diese Richtlinien müssen transparent sein.
 Entscheidungen müssen nachvollziehbar gemacht werden. Verstöße müssen
 konsequent und spürbar geahndet werden.
- Die Unschuldsvermutung gilt auch im Netz: Verdächtigungen, Spekulationen 
 und die frühzeitige Festlegung durch staatliche Akteure auf eine*n
 Täter*in oder eine Bevölkerungsgruppe sind gefährlich und müssen
 verhindert werden.
- Falschmeldungen durch Behörden müssen mit mindestens dem gleichen Aufwand, 
 wie ihre Verbreitung erfolgte, wieder dementiert und richtiggestellt
 werden.
- Twittern und Posten direkt aus dem Einsatzgeschehen gehört soweit es geht 
 zurückgefahren. Sorgfalt muss vor Schnelligkeit gelten.
- Bei staatlichen Behörden gilt das Gebot der Informationsfreiheit. Es 
 dürfen keine Informationen veröffentlicht sein, die nur auf kommerziellen
 Netzwerken wie Twitter oder Facebook sichtbar sind.
- Datenschutzregeln, die für die Polizei auch sonst gelten, sind in sozialen 
 Netzwerken einzuhalten. Unverpixelte Fotos von Demonstrant*innen oder
 Unfallopfern gehören nicht durch die Polizei veröffentlicht.
- Eine unabhängige Beschwerdestelle für die Polizei mit eigenen 
 Ermittlungsbefugnissen, um Vorwürfen konsequent nachgehen zu können.
Begründung
Im Text enthalten.
Inspiration:
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